Dekanat Wetterau

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          Kirchensanierung

          Ein Handwerk fürs Ohr: Einzug der Orgel in Heuchelheim

          Ines DauernheimJonathan Werner spielt die ersten Takte an der gerade fertig aufgebauten Heuchelheimer Orgel.

          Vor drei Jahren ist die Orgel in der kleinen Heuchelheimer Kirche abgebaut worden. Nun ist das Instrument aus der Werkstatt zurück. Einfach so wieder aufbauen – damit ist es nicht getan. Die Orgelbauer müssen geschickte Handwerker sein und auch ein bisschen Künstler, bis sie den richtigen Ton treffen.

          Bildergalerie

          Ines DauernheimVier Tage haben zwei Orgelbauer der Firma Bosch die historische Heuchelheimer Orgel wieder aufgebaut. Im Zuge der Kirchensanierung hat EKHN Orgelsachverständiger Thomas Wilhelm empfohlen die Orgel, die zuvor ein Stück hinter der Brüstung stand, an die Emporenbrüstung zu versetzen.

          „Ich habe sie viel klappriger in Erinnerung“, sagt Jonathan Werner. Der Organist sitzt seit fast vier Jahren erstmals wieder auf der Orgelbank der Heuchelheimer Orgel und spielt die ersten Töne. Viel hat sich seither in der Kirche verändert: Fußboden, Verputz, Wandfarbe, Heizung, Lüftung, Lampen alles ist erneuert worden. Die Orgel hat einen neuen Platz bekommen. Sie steht direkt an der Empore. Ein völlig neues Gefühl für die Organisten. „Das ist ein Gewinn für die Kirche“, sagt Ralf Schäfer, er spielt seit fast fünf Jahrzehnten die Orgel in Heuchelheim. „Ich habe eine super Sicht, das erleichtert die Kommunikation mit Pfarrerin und bei Konzerten mit Solisten“, lobt er.

          Gespannt haben Organisten und Kirchenvorstand den Einbau des musikalischen Herzstücks in der kleinen Kirche beobachtet. Vier Tage haben die beiden Orgelbauer Christian Katzmann und Michael Casper von der Firma Bosch aus Niestetal in der Nähe von Kassel damit zugebracht. Der Korpus ist schon vor einigen Monaten zurückgekehrt und wurde in einem sanften Hellgrau gestrichen. Nun sind die Pfeifen aus Zinn und Holz wieder an Ort und Stelle. Im Kirchenraum liegen sie fein säuberlich auf Decken, die kleineren sind in ein Regal sortiert.

          Orgel Heuchelheim: Zeitung klebt an der Pfeife

          Auf einem Zettel steht: „Heuchelheim, Mixtur, dreifach, G Seite“. Das hat Katzmann vor fast drei Jahren notiert als die Orgel demontiert und in die Werkstatt transportiert wurde. Dort sind die Metallpfeifen nach dem Reinigen ausgebeult, gerundet und poliert worden, die aus Holz sind von Schimmel befreit und zum Teil neu verleimt worden.

          Die Stöpsel, die die Holzpfeifen oben abdecken, sind mit neuem Leder versehen worden. Im Inneren der Orgel sind die Pfeifenstöcke mit Rasterlöchern montiert, wo jede der 405 Pfeifen ihren Platz hat. Als erstes setzen die Orgelbauer die sichtbaren 27 Prospektpfeifen ein. „Wir beginnen den Aufbau von der Mitte und arbeiten uns nach außen weiter.“ Ehe sie die Pfeifen montieren, kontrollieren sie jede genau: Wie sehen die Öffnungen aus, bei den Hölzernen wird nach dem Fuß geschaut, dort schiebt sich beim Spielen der Wind hindurch und erzeugt den Ton. „Bei historischen Orgeln müssen wir eine gewissen Sorgfalt walten lassen“, sagt Michael Casper. „Die alten Schätzchen brauchen das.“

          Orgel Heuchelheim: Orgelbauer im Innern verewigt

          Die Heuchelheimer Orgel ist die 1859 von Orgelbauer Bernhard aus Romrod erschaffen worden. „Hier hat er sich verewigt“, sagt Casper und deutet auf eine Inschrift im Inneren. „R. Bernhard Romrod“ ist mit Tusche auf Holz notiert. „Er hat gutes Material verwendet“, attestiert Casper, der seit 44 Jahren als Orgelbauer arbeitet. „Die Stöcke sind aus Eiche, die Raster aus Buche und die Pfeifen aus Fichte alles frei von Astlöchern.“ An einigen der etwas mehr als einen Meter langen hölzernen Pfeifen ist Papier aufgeleimt. „Früher sind die Seiten der Pfeifen, nach Wurmbefall papiert worden, da hat man alles Mögliche genommen, was gerade da war“, sagt Casper.  „Zeitungspapier oder Protokollbuchseiten, in alten Orgeln sind schon interessante Dinge zu finden.“  An den hinteren Seiten der Pfeifen, dort wo unten die Luft entweicht, ist mit Tusche jeweils der Ton notiert, den sie erzeugt. Bei den Metallpfeifen ist das eingraviert. „Orgeln sind ein Stück Zeitzeugnis“, erklärt Katzmann.

          Inzwischen holt Casper die nächsten Pfeifen nach oben zum Instrument. Vorsichtig bläst er hinein, um einen Ton zu erzeugen. „Zu laut“, urteilt er. Mit einer Art Pinzette bugsiert er aus dem Fuß der Pfeife einen dort eingedrückten Holzkeil hervor. Er teilt das Hölzchen und setzt es wieder ein. „Manchmal hat man einen Ton, an dem fummelt man ewig herum.“  Neben ihm auf der Orgelbank liegen allerlei kleinteilige, fast filigrane Werkzeuge, in einem großen Koffer um die Ecke auf der Empore sind weitere. „Jeder Orgelbauer hat da so seine eigenen Techniken, was er benutzt, viele unserer Werkzeuge bauen wir selbst“, erklärt Casper.

          Orgel Heuchelheim: Hämmernd zum richtigen Ton

          Inzwischen sind alle Pfeifen an ihrem Platz. Die Intonisation kann starten. Ein Brummton erklingt. „Zu holzig“, urteilt Casper. Katzmann nimmt die entsprechende Pfeife und bearbeitet die Holzstückchen im Fuß. „Neue Instrumente haben dafür Regulierschrauben.“ Ein flötenartiger Ton erklingt. Eine Metallpfeife ist an der Reihe. Wieder sind die beiden, die auch Organisten sind, unzufrieden. Mit einem Hämmerchen klopft Katzmann vorsichtig auf das aufgerollte Metall an der Pfeife. Hörend feilen die Handwerker an der Klangfarbe der Orgel. „Heute Nacht muss die Heizung anbleiben“, erklärt Casper. Für den nächsten Morgen haben sie sich das Stimmen vorgenommen. „Das ist Routine“, sagen sie. Dafür haben sie das Klima in der Kirche im Blick.  „Die Temperatur muss konstant sein.“

          Nach vier Tagen haben die beiden das Instrument aufgebaut und gestimmt. Zufrieden hören sie zu, wie Jonathan Werner die ersten Lieder spielt. Es klingt harmonisch. Ganz sanft sind auch Tasten und Pedal zu hören. Dazu sagen die erfahrenen Orgelbauer: „Historische Orgeln haben immer ein Klappern im Pedal und an den Tasten, das gehört dazu, das macht sie aus.“

          Einweihung für Pfingsten geplant

          Die Heuchelheimer Kirche ist im Jahr 1420 erbaut worden. Seit knapp vier Jahren wird sie grundsaniert. Die Landeskirche und die Gemeinde haben dazu fast 590 000 Euro investiert. „Damit wird die kleine Dorfkirche mit ihrer Wohnzimmeratmosphäre für die Zukunft fit gemacht“, sagt Pfarrerin Andrea Krügler. „Ein flexibles, offenes Konzept, damit hier neben Gottesdiensten auch kulturelle Veranstaltungen angeboten werden können“, ergänzt Heidi Mayer vom Kirchenvorstand. Stühle und Tische sind bestellt. Der neue Altar werde in einigen Wochen geliefert. Die Brüstung der Empore wird mit einem Kunstwerk ausgekleidet, das die Frankfurter Grafikerin Barbara Bux gestaltet.  Sie hat darin die Pflanzen aufgenommen, die in der christlichen Mythologie den drei Heiligen, denen die Kirche vor mehr als 600 Jahren geweiht worden ist, zugeordnet sind. Das sind Valentin, Georg und die Mutter Gottes. Ab dem Frühjahr werden Granatäpfel, Rosen, Passionsblume und allerlei mehr an der Empore zu entdecken sein. „Um das alles finanzieren zu können, ist die Gemeinde auf Spenden angewiesen“, sagt Krügler. Der Orgelumbau schlage mit etwa 20000 Euro zu Buche, das Kunstwerk samt Montage koste fast 34000 Euro, für neuen Altar und Stehpult sowie Tische und Stühle sind knapp 28000 Euro fällig.  „Dankenswerterweise sind schon rund 25000 Euro zusammengekommen, aber weitere Spenden würden der Gemeinde helfen all das zu finanzieren“, sagt die Pfarrerin.  Architektin Tine Göllner geht davon aus, dass die restlichen Arbeiten im Inneren der Kirche bis Februar erledigt sein werden. Danach könnte die Kirche genutzt werden. Allerdings wird im Frühjahr im Kirchgarten gebaggert, um die Entwässerung anzuschließen.  Krügler kündigt an: „Am Pfingstsonntag, 28. Mai 2023, wird die Kirche mit einem Fest eingeweiht.“

          Die Kontodaten für Spenden: Kontoinhaber: Regionalverwaltung Wetterau, IBAN: DE 29 5206 0410 0004 1002 55, BIC GENPDEF1EK1, Verwendungszweck: Reichelsheim 01 811000 Spende Kirchenrenovierung Heuchelheim

          Text: Ines Dauernheim

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