Dekanat Wetterau

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          Noch verhüllt?

          Pfarrerin Claudia Ginkel, Evangelische Kirchengemeinde Friedberg

          Foto: privatPfrin. Claudia Ginkel

          Der Verpackungskünstler Jean-Claude Christo ist am Pfingstsonntag gestorben. Vielen ist er durch seine Verhüllung des Berliner Reichstages 1985 mit silberfarbener Folie in Erinnerung. Eine Inszenierung, die damals keinen unbeteiligt gelassen hat. Die einen haben das Werk begeistert gefeiert, andere haben darüber den Kopf geschüttelt. Ich habe seine Projekte immer fasziniert und mit großem Interesse verfolgt. Sein Tod ist ein Verlust in der Kunstwelt.

          Den „Brauch des Verhüllens“ gibt es auch in der Kirche. In der katholischen Tradition wird das Altarkreuz zwei Wochen vor Karfreitag verhüllt. Die Idee dahinter ist, unser Wahrnehmen neu einzuüben. Unsere Aufmerksamkeit auf Dinge, an die wir uns gewöhnt haben, wiederzugewinnen. Es klingt paradox, aber das ist die Erfahrung vieler: Durch das Verhüllte kann Unsichtbares, Übersehenes, Gewohntes neu entdeckt und ins Bewusstsein gehoben werden.

          In gewisser Weise haben wir das auch im zurückliegenden Shutdown erlebt. Das, was uns entzogen wurde, was uns nicht mehr zur Verfügung stand an bislang selbstverständlichem gesellschaftlichem und kulturellem Leben, das haben wir geprüft und bewertet. Auf neue Weise haben viele von uns sich gefragt, was  fehlt und was nicht. Was für uns verzichtbar und was unverzichtbar ist. Vieles davon ist sozusagen immer noch in Bewegung und im Prozess. Wie die Nach-Corona-Auszeit aussieht und was sich durch sie alles für uns verändert haben wird, ist noch nicht ausgemacht, ist also noch verhüllt. Es bleibt also spannend.

          In einem Weihnachtslied des Lieddichters Dieter Trautwein findet sich dazu ein weiterer Gedanke: „Weil Gott in tiefster Nacht erschienen, kann unsere Nacht nicht traurig sein. Er sieht dein Leben unverhüllt, zeigt dir zugleich dein neues Bild.“  Nicht nur Dinge lassen sich verhüllen, auch wir Menschen tun es. Wir verhüllen uns, geben uns bedeckt, ja, manchmal ziehen wir uns auch eine Rüstung an, um nicht zu zeigen, wie es in uns aussieht. Christus zeigt uns ein neues Bild von unserem Menschsein. Er hat deutlich werden lassen, dass wir die Erfüllung unsers Lebens nicht in Verhüllung und Abgrenzung finden, sondern in Nähe und Gemeinschaft, in Frieden und Gerechtigkeit, in Heil und Heilung unserer Beziehungen untereinander und zu Gott finden. Vielleicht lässt auch dies sich in diesen Zeiten neu entdecken und wertschätzen und ins Bewusstsein heben.

          Pfarrerin Claudia Ginkel, Evangelische Kirchengemeinde Friedberg

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