Anlässlich des bevorstehenden 80. Jahrestag des Kriegsendes lautete das Thema des Etwas anderen Gottesdienstes am Sonntag nach Ostern in der Rendeler Kirche „Linden finden“. Initiator Stephan Kuger erläuterte in seiner Begrüßung, wie es dazu gekommen war: „Nachdem eine Befragung von Zeitzeugen an anderer Stelle erfolgen wird, stießen wir auf die Linde, die vielerorts als Friedensbäume gepflanzt wurden, wie auf dem Rendeler Lindenplatz nach dem Krieg von 1870/71. Während der weiteren Recherche wurde uns klar, dass der Lindenbaum darüber hinaus seit jeher als Symbol für eine verbindende Gemeinschaft gilt. Mit ihren herzförmigen Blättern bildeten Linden vielerorts dörfliche und städtische Mittelpunkte und markierten die öffentlichen Räume, auf denen – wie vielfach besungen - sich getroffen, gefeiert und getanzt wurden. Wir haben uns gefragt, wo in einer zusammengefügten Stadt mit sieben ähnlichen Ortsteilen und einer relativ neuen Stadtmitte auch in Zukunft Orte der Gemeinschaft möglich sind, welche Angebote eher zentral verortet werden und welche in den Ortsteilen verbleiben sollten“.
Im von Frank Braunrot verlesenen Impuls von Pfarrerin Nadia Burgdorf, die unvorhergesehen kurzfristig verhindert war, legte diese das Augenmerk insbesondere auf die vielen Unorte, die nur schwerlich Lindenplätze werden könnten. Letztlich mache einen Begegnungsort aber stets aus, dass Menschen dort zusammenkommen, sich zuhören und Wertschätzung erfahren. „Der heilige Geist macht aus christlicher Sicht Versammlungen von Menschen zu einem Ort der Gemeinschaft, zu Lindenplätzen, wo an das erinnert wird, was Jesus uns gelehrt hat und Lebensgeschichten miteinander geteilt werden können.“
Im anschließenden Gespräch mit Bürgermeister Guido Rahn, Nina Schücker vom Mütter- und Familienzentrum Karben und Beate Spruck, die mit anderen Ehrenamtlichen seit letztem Jahr das Rendeler Seniorencafé betreibt, wurde deutlich, dass es eine städtische Strategie für die Frage gibt, welche Angebote möglichst in den Ortsteilen verbleiben sollten. „Angebote für kurze Beine, also ein Kindergarten“, betonte Rahn. Leider sei es nicht gelungen, überall auch die Grundschulen dezentral zu belassen. Beate Spruck ergänzte die ortsbezogene Palette um Angebote „für kranke Beine“. Das Seniorencafé im wieder hergerichteten Café am schiefen Eck sei ein idealer Lindenplatz für Rendel, weil der Ort für die Menschen eine Geschichte habe. Nicht nur dass „die Bude immer voll“ sei, den acht engagierten Frauen würde eine große Dankbarkeit für die regelmäßige, aber nicht übermäßige Arbeit entlohnen. „Jede kann auch mal aussetzen“.
Auf die Frage, wie ehrenamtliche Initiativen durch die Stadt unterstützt würden, konnte Spruck berichten, dass diese sie versicherungsrechtlich abgesichert hätte. Rahn bestätigte das Vorgehen der Stadt und wünscht sich vergleichbare Initiativen auch in anderen Stadtteilen: „Es liegt ja gar nicht an Räumlichkeiten, von denen genügend zur Verfügung stehen, oder an der städtischen Bereitschaft zur pragmatischen Unterstützung. Wir haben vielmehr einen Mangel an Menschen, die sich engagieren wollen“. Ohne Ehrenamtliche gehe es auch beim Mütter- und Familienzentrum nicht, bestätigte Nina Schücker als hauptamtliche Geschäftsführerin des Hauses, obwohl der Verein von Bund, Kreis und Stadt unterstützt wird.
Geschichtlich bedingt hat der MüZe e.V. heute seinen Standort im Ortsteil Burg-Gräfenrode, obwohl sich als Mehrgenerationenhaus ein Großteil des Angebotes an alle Altersgruppen und ganz Karben richtet. „Wer uns finden will, der findet uns auch“, sagt Schücker. „Uns fehlen aber direkte Busverbindungen aus anderen Ortsteilen, Parkplätze und die Laufkundschaft eines Stadtzentrums.“ Mittelfristig kündigte der Bürgermeister den Umzug des größeren Teils des Zentrums in die Stadtmitte an, während eine Dependenz „für kurze und kranke Beine“ in Roggau verbleiben werde. Nach anregender und informativer Diskussion endete der Gottesdienst schließlich mit Fürbitten, Vaterunser und Segen, ehe weitere Gespräche über geeignete Karbener Lindenplätze im Kirchencafé geführt wurden.