Geistlicher Impuls zum Reformationstag 2025: Das JA in den tausend Neins
Heute Abend ziehen wieder einige Kinder schrill verkleidet um die Häuser. Es ist der Abend vor Allerheiligen (auf Englisch: All Hallows’ Eve). Durch die furchteinflößenden Verkleidungen sollen dunkle Mächte abgewehrt werden. So die alte Tradition dieses Festes. Halloween als Mittel gegen die Angst. Eine Angst, die gegenwärtig ganz verschiedene Gesichter annehmen kann, persönlich wie gesellschaftlich. Angst kann ansteckend wirken.
Martin Luther litt lange Jahre unter seiner Angst – vor Gott und dem Leben. Bis er eines Tages zu der Gewissheit fand, dass Gott größer ist als seine Ängste und Sorgen. Und er fand das Mittel gegen die Angst, das bis heute ansteckend wirkt: Sage Gott, wie groß Deine Angst ist, aber sage Deiner Angst auch wie groß Dein Gott ist. Dieses Vertrauen, dass der lebendige Jesus Christus uns immer wieder der heilsamen Gegenwart Gottes vergewissert und wir im Gespräch mit IHM sein können (und ER mit uns), vertreibt alle bösen Geister.
Dieses Vertrauen in Christus wirkte (und wirkt!) ansteckend. Martin Luther wurde in seiner Zeit zum unzweideutigen Vermittler der freien Gnade Gottes, die er als Lehrer der Heiligen Schrift freilegte und in den Alltag der Menschen hinein buchstabierte. In immer neuen Wendungen, Predigten, Schriften, Metaphern machte er klar: Unser Glauben, Hoffen und Lieben nimmt in Gott seinen Anfang und wird von ihm vollendet. In den tausend Neins meines Lebens ist Christus das JA.
Ein solches Vertrauen in Gott zu fördern ist Anliegen unserer vielfältigen spirituellen Angebote am Geistlichen Zentrum. Denn der Glaube möchte eingeübt werden – jeden Tag neu. So formuliert Luther in der ersten der 95 Thesen, die er heute vor 508 Jahren in Wittenberg veröffentliche, „dass das ganze Leben der Gläubigen eine tägliche Umkehr sein soll“ – ein täglicher Neuanfang zurück ins Gottvertrauen. Umkehr zu Gott – das darf unsere tägliche Praxis sein. Einkehren in dieses befreienden JA!
Diese ansteckende Befreiungserfahrung bekennen wir heute zusammen mit allen Christenmenschen. Wo wir im Leben an Christus Maß und Ziel gewinnen, sind wir miteinander verbunden und es wächst heute schon aus ersten Anfängen eine ganz neue Gestalt von Kirche, die irgendwann einmal keine konfessionelle Spaltung mehr kennt.
Ich wünsche Ihnen zum Reformationstag, dass dieses befreiende JA Gottes Sie bewegen, erfüllen und leiten möge.
Pfarrer Johannes Misterek
Pfarrer am Geistlichen zentrum Nieder-Weisel