Flötenklänge voller Licht

Wie könnte es klingen, wenn sich ein Lichtstrahl in seine Spektralfarben bricht und ein Regenbogen zu sehen ist? Auf die musikalische Reise zur Antwort auf diese Frage machten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Ensemble-Workshops für Blockflötist:innen am vergangenen Sonntag in der ARCHE in Bad Vilbel-Dortelweil im Rahmen der Wetterauer Kirchenmusiktage.

Die sonnendurchfluteten, hellen Räume des wunderschönen evangelischen Gemeindehauses schienen wie geschaffen für dieses Treffen im Rahmen der Wetterauer Kirchenmusiktage mit dem diesjährigen Motto „(Es) werde Licht“. Zwanzig Freundinnen und Freunde der Blockflöten und des besonderen Klangs dieser Instrumente waren nicht nur aus Bad Vilbel und der näheren Umgebung, sondern auch aus Altenstadt, Großkrotzenburg, Frankfurt, Mörfelden-Waldorf und Idstein gekommen, um einen Nachmittag lang Musikstücke zum Thema zu erarbeiten. Kirchenmusikerin und Blockflötistin Jutta Hahn war Ideengeberin und Leiterin der Veranstaltung. Durch ihre Freundlichkeit und Zugewandtheit entstand eine angenehme und herzliche Atmosphäre. Mit einigen Übungen zum Einspielen gelang es ihr schnell, aus den verschiedenen Teilnehmenden ein großes Blockflötenorchester zu formen. Vertreten waren kleine und große Flöten - von der bekannten Sopranblockflöte bis hin zum Subbaß. Wer die unterschiedlichen Register noch nicht kannte, hörte im Workshop die vielfältigen Klangmöglichkeiten eines Ensembles: Neben dem klassischen Flötenquartett mit Sopran-, Alt, Tenor- und Bassblockflöte in der sogenannten 4-Fuß-Lage, kann auch im 8-Fuß musiziert werden. In dieser um eine Oktave nach unten versetzten Lage spielt die Tenorblockflöte die Sopranstimme, die Altblockflöte den Bass, der Großbass die Tenorstimme und der Subbaß die Bassstimme. Ein solch tiefes Quartett klingt warm und satt. In Kombination mit den 4-Fuß-Instrumenten bildet es ein volles, tragendes Fundament, über dem sich die hohen Stimmen entfalten können. Neben dem Bach-Choral „Gott, der du selber bist das Licht“ und der Ouvertüre „The Lord is my Light“ von Georg Friedrich Händel stand das Werk „Desvendando a luz“ von Martin Heuser im Mittelpunkt des Workshops. Es wurde 2002 für 5 Blockflötenstimmen komponiert und gehört zur Stilrichtung, die Minimal Music genannt wird. Diese ist charakterisiert durch sich oft wiederholende Tonfolgen oder einzelne Sequenzen, die im Verlauf des Stückes geringfügig variiert und aneinandergereiht werden. Wenig Änderungen in der Klangfarbe und stabile Harmonien lassen Werke entstehen, die wie ein großes musikalisches Kontinuum wirken. Bei „Desvendando a luz“ beginnt der Bass gemeinsam mit den Unterstimmen. Der warme, dunkle Klang der Holzflöten bildet das tiefe Fundament, aus dem das Licht sich langsam auszubreiten scheint. Die höheren Stimmen kommen nach und nach dazu. Aus fast denselben Tönen werden immer wieder neue Variationen gebildet, die zuerst heller werden, dann leicht pulsieren und schließlich sphärisch-flirrend einen dichten Klangteppich entstehen lassen. Einzelne Stimmen pausieren für ein paar Takte, um sich dann mit ähnlichen klingenden Sequenzen wie zuvor wieder in das Klang-Kunstwerk einzugliedern. Vor allem durch die zunehmende Tonhöhe der Stimmen wird ein Spannungsbogen auf- und langsam wieder abgebaut. Das Stück endet, als hätte jemand den Lichtschalter ausgeknipst. Der Gruppe gelang es nach nur wenigen Durchgängen perfekt, die letzten kurzen Noten synchron zu spielen und die nachfolgende Stille wirken zu lassen. Nach vier Stunden konzentrierter Proben-Arbeit endet ein licht-voller Workshop mit vielen schönen Eindrücken und Klängen, welche die Teilnehmenden dankbar mit nach Hause nehmen. Text: Andrea Grob aus Karben