Gemeinsames Fastenbrechen beim Erzählcafé Abraham

Hortien

Das Erzählcafé Abraham hatte zu einer Spezialausgabe eingeladen: Da sich in diesem Jahr die Passionszeit und der Ramadan überschneiden, stand das Thema Fasten und das gemeinsame Fastenbrechen im Mittelpunkt des Austauschs der 3 abrahamischen Religionen im Gemeindezentrum Wilhelmskirche in Bad Nauheim.

Bürgermeister Klaus Kreß brachte in einem Grußwort seine Anerkennung für das Format zum Ausdruck: „Der durch das Erzählcafé Abraham schon traditionell gewordene Austausch zwischen den Religionen bereichert unsere Stadt Bad Nauheim. Das ist nicht selbstverständlich und ich danke allen, die sich für das Gelingen einsetzen. Ich bin stolz auf die hier gelebte Toleranz und das gegenseitige Verständnis.“

Zunächst sprach Armagan Yilmaz vom RUMI-Kulturverein Bad Nauheim über das Fasten im Islam. Es ist ein göttliches Gebot und gehört zu den fünf Säulen der Religion. Muslime fasten im neunten Monat des islamischen Mondjahres, das elf Tage kürzer ist als das Sonnenjahr. Dementsprechend findet der Ramadan jedes Jahr zehn Tage früher statt.

Gefastet wird von der Dämmerung bis zum Sonnenuntergang. Dabei geht es nicht nur um den Verzicht auf Speisen und Getränke. Es gebe auch eine innere Dimension. „Der Ramadan ist eine Zeit der spirituellen Vertiefung“, sagte Armagan Yilmaz. Ein Fasten mit Körper und Geist. „Es ist eine Zeit der inneren Reinigung und Selbstreflexion.“ Für alte, kranke und schwangere Menschen sowie Reisende gibt es Ausnahmeregeln. Kinder fasten ab dem 14. Lebensjahr. Der Fastenmonat endet mit dem Ramadanfest.

Sonnenuntergang war am Donnerstag in Bad Nauheim um 18:38 Uhr. Gemeinsam mit allen Teilnehmenden wurde das Fasten gebrochen. Neben Brot und Datteln, die traditionell zum Fastenbrechen dazugehören, hatte der RUMI-Kulturverein ein großes Buffet vorbereitet. Nach einer Suppe wurden verschiedene Fleisch- und Gemüsegerichte mit Reis serviert, zum Nachtisch gab es Baklava und Çay. Außerdem ein kleines Geschenk für jeden Gast, die sogenannte Zahnmiete.

Im Judentum gibt es über das Jahr verteilt mehrere Fastentage: vor Purim, vor Pessach, an Jom Kippur und Tischa BeAv. „Wir fasten, um näher zu Gott zu kommen“, erläuterte Manfred DeVries, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Bad Nauheim. „Gleichzeitig geht es darum, das eigene Leben und Handeln zu reflektieren. Allerdings fasten wir nie länger als 25 Stunden am Yom Kipur. Die Gesundheit geht immer vor und Kranke sollten nicht fasten." Die Fastentage gelten für Erwachsene ab der Bar (13. Lebensjah) bzw. Bat MiMizwa (12.Lebensjahr), wenn diese vollwertige Gemeindemitglieder sind. An Jom Kippur zum Beispiel bereitet man sich mit dem Fasten auf den Anlass vor - die Versöhnung der Menschen mit Gott. Es ist der strengste Fastentag. An diesem Tag herrscht strenges Arbeitsverbot. Die Kinder und Jugendlichen werden von der Schule freigestellt.

Im Christentum beginnt die 40-tägige Fastenzeit am Aschermittwoch und endet mit dem Osterfest. Eine weitere Fastenzeit, die heute aber keine große Rolle mehr spielt, ist der Advent, als Vorbereitung auf das Weihnachtsfest, wie Siegfried Nickel, Referent für Ökumene und Dialog im Evangelischen Dekanat Wetterau, erklärte. Allerdings sei das Fasten in der Bibel nicht vorgeschrieben und deshalb nicht so eindeutig definiert wie in den anderen Religionen. „Jeder kann für sich selbst entscheiden, wie er die Fastenzeit gestalten will. Seit Jahren ruft die evangelische Kirche zu ihrer Aktion ‚7 Wochen ohne‘ auf. Es gibt das Klimafasten oder den klassischen Verzicht auf Süßigkeiten oder Alkohol.“ Doch bei alldem gehe es darum, das Alltägliche zu unterbrechen und bewusst zu verzichten, um den eigenen Lebensstil zu überdenken und neue Perspektiven zu gewinnen.