In der Hoffnung bleiben – 2. Impuls- und Begegnungstag „Spirituelle Kirche 2030“

veröffentlicht 07.10.2025 von Anna-Luisa Hortien, Evangelisches Dekanat Wetterau

Rund 160 Haupt- und Ehrenamtliche aus der gesamten EKHN und aus unterschiedlichsten Berufsgruppen waren am 2. Oktober ins Geistliche zentrum Nieder-Weisel gekommen - zum 2. Impuls- und Begegnungstag „Spirituelle Kirche 2030“.

Der Transformationsprozess der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) ist in vollem Gang. Neben den strukturellen Veränderungen braucht es dabei auch eine Weiterentwicklung der kirchlichen Arbeit. „Wie kann Gottes heilsame Gegenwart erfahren werden in unserer gemeinsamen Suche nach einer neuen Gestalt von Kirche?“ Mit diesem Gedanken begrüßten Pfarrer Johannes Misterek und Pfarrer Thomas C. Müller die Teilnehmenden zum zweiten Impuls- und Begegnungstag „Spirituelle Kirche 2030“ in Nieder-Weisel. Der Tag war eine Kooperationsveranstaltung zwischen dem Zentrum Verkündigung der EKHN und dem Geistlichen Zentrum der Johanniter Nieder-Weisel im Evangelischen Dekanat Wetterau. 

Die Idee dazu entstand aus der Rückmeldung vieler Engagierter, dass die geistliche Perspektive im Transformationsprozess „ekhn2030“ derzeit zu wenig präsent sei. Nach der starken Resonanz im vergangenen Jahr wurde der begonnen Weg mit dem zweiten Impuls- und Begegnungstag fortgesetzt. Rund 160 Haupt- und Ehrenamtliche aus der gesamten EKHN und aus unterschiedlichsten Berufsgruppen nutzten den Tag um sich geistlich zu stärken, sich auszutauschen und Anregungen und Impulse mitzunehmen. Pröpstin Dr. Anke Spory, die einen Gruß der Kirchenleitung überbrachte, freute sich, dass so viele Menschen gekommen waren. 

Erste Übung: Bibelteilen

Nach der Morgenandacht begann der Tag auch gleich mit einer praktischen Übung: In kleinen Gruppen wurden die Teilnehmenden zum „Bibelteilen“ angeleitet - eine einfache Methode über einen Bibeltext ins Gespräch zu kommen. Es geht vor allem um den persönlichen Zugang und die Resonanz, die der Text bei jedem Einzelnen auslöst. 

Impulsvortrag von Martin Buchholz

Das Schwerpunktthema in diesem Jahr lautete: „In der Hoffnung bleiben –  geistlich leben in Zeiten radikaler Umbrüche“. Dazu war Autor und Künstler Martin Buchholz zu Gast. Mit Liedern, zum Teil zum Mitsingen, gesprochenen und gelesenen Texten gab er den Teilnehmenden verschiedene Impulse zum Thema Hoffnung. Zunächst betonte er: „Hoffnung braucht die Gemeinschaft mit anderen. Niemand hofft für sich alleine.“

Er habe das Gefühl, aktuell sei für viele „Karsamstagszeit.“ „Wo altvertraute Sicherheiten nicht mehr tragen und neue Hoffnung nicht in Sicht ist.“ Kriege, Rechtsextremismus, Klimawandel, die Schere zwischen Arm und Reich – das alles sei ernüchternd. Aber, betonte er: „Leben ist Ansichtssache - und die Frage ist immer wieder neu: Wo schauen wir hin?“

Multiple-Choice-Fragen verändern Blickwinkel

Mit Multiple-Choice Fragen lenkte Buchholz den Blick auf das bereits Erreichte: In den letzten 25 Jahren hat sich der Anteil der in extremer Armut lebenden Weltbevölkerung deutlich mehr als halbiert. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in der EU ist von 26% im Jahr 2013 auf 47% im Jahr 2024 gestiegen. Vor 10 Jahren habe das niemand für möglich gehalten. 

Dürfen wir schöne Momente genießen, trotz aller Not in der Welt? „Das sollten wir“, so Buchholz. „Das Schöne und der Schmerz sind oft unzertrennbar. Doch alles hat seine Zeit. Dankbarkeit ist eine Lebenshaltung, die wir trainieren können.“

Über die christliche Hoffnung

Zur christlichen Hoffnung zitierte er den Theologen Jürgen Moltmann: „Hoffnung ist die aktive Kraft, die uns heute befähigt zu handeln und die Gegenwart gemeinsam zu verändern. Weil wir auf die Verheißung Gottes vertrauen, können wir heute schon kleine Schritte tun.“ Und zwar gemeinsam mit allen, die konstruktive Wege suchen die Schöpfung zu bewahren und Frieden und Gerechtigkeit zu stiften. Im Vertrauen darauf, dass Gott auch aus halben Sachen etwas machen kann. Oder aus ganz kleinen. So wie im Gleichnis vom Senfkorn.

Das Argument „Du kannst sowieso nichts machen“ entkräftete er mit Geschichten aus der Bibel, die vielfach von Chancen der Umkehr und des Neuanfangs erzählen.

Vom Karsamstag kam er schließlich zum Advent, der zum Erinnern an die Zukunft einlade. „Die Weihnachtsgeschichte schenkt auch heute neue Hoffnung und eine Zukunft für morgen“, so Buchholz. „So wie damals wird es wieder sein, dass der Tag kommen wird, an dem Gott alle Tränen trocknet.“

Fragerunde und Podiumsgespräch

Anschließend konnten die Teilnehmenden Fragen an den Referenten sowie Diakonin Inge Lehrbach-Bähr und Dekan Andreas Friedrich stellen, die als Podiumsgäste unter Moderation von Journalistin Sabine Langenbach Auskunft über persönliche Hoffnungsquellen gaben. Nach dem Mittagessen wurden die eigenen Gedanken noch einmal in einer Kleingruppe geteilt, bevor die Workshops starteten. 

Vielfältige Workshops am Nachmittag

Das Angebot umfasste zehn unterschiedliche Themen, die die persönliche Spiritualität aber auch die Spiritualität in kirchlichen Prozessen behandelten.

Im Meditationsraum konnten Teilnehmende mit Pfarrerin Ursula Wendt die Methode des Herzensgebets ausprobieren, bei dem die Verbindung von innerem Wort und Atem Raum für heilsame Verwandlung eröffnen kann. Christliches Handauflegen als uralte christliche Praxis stellte Pfarrerin Claudia Ginkel vor. Wie man mit dem Körper beten lernen kann, das zeigten die Pfarrerinnen i.R. Cornelia Hankel und Vera Langner. Silke Nickel und Pfarrer Siegfried Nickel machten sich mit den Teilnehmenden auf einen kurzen Pilgerweg. Die Kraft des Segens und gesegnet werdens vermittelte Pfarrerin Inge Cahn von Seelen im Kapitelsaal.

Die beiden Pfarrer i.R. Matthias Gärtner und Paul-Gerhardt Künzel stellten die Exerzitien im Alltag als geistliche Gemeinschaft auf Zeit vor. Pfarrerin Tanja Brinkhaus-Bauer erläuterte alternative und kurze Gottesdienstformate für den Nachbarschaftsraum, wie den „10-vor-7-GOTTKONTAKT“. Beim Bibliolog tauchten die Teilnehmenden unter Anleitung von Prädikantin Karin Runzheimer-Hansen und Pfarrer Reiner Braun spielerisch in die Welt der Bibel ein.

Wie passt Spiritualität ins Klassenzimmer? Diese Frage erörterten Pfarrer Dr. Jochen Walldorf und Pfarrer Johannes Hoeltz in ihrem Workshop. Pfarrer Thomas C. Müller vermittelte praxisnahe Impulse zur Gremienspiritualität, etwa wie der Heilige Geist in Diskussionen und Entscheidungsprozessen spürbar gemacht werden kann.

Abschlussandacht in der Komturkirche

Zur Abschlussandacht in der Komturkirche, bei der vier Teilnehmende ihre Eindrücke des Tages schilderten, Griff Dekan Volkhard Guth in seinem „Wort auf den Weg“ noch einmal das Thema Hoffnung auf, angelehnt an die Jahreslosung 2026: „Gott spricht: Siehe ich mache alles neu.“ 

Manuel Schienke, Referat Popularmusik im Zentrum Verkündigung der EKHN, begleitete den Tag musikalisch. Im Vorbereitungskreis arbeiteten neben Pfarrer Johannes Misterek und Pfarrer Thomas Müller, Pfarrer Jürgen Schweitzer, Pfarrerin Heinke Willms, Pfarrerin Ursula Wendt, Pfarrer Joachim Neethen, Sabrina Schmid und Anna-Luisa Hortien mit.

Fortsetzung 2026 geplant

Eine Fortsetzung der Veranstaltung für 2026 ist bereits geplant: Am 2. Oktober 2026 erneut im Geistlichen Zentrum Nieder-Weisel - unter anderem mit der Kirchenpräsidentin der EKHN Prof. Dr. Christiane Tietz.