Kirchenpräsident: "Christliche Hoffnung stärkt zum Leben“

Hortien

Hoffnung ist ein Grundprinzip christlichen Glaubens. Doch wie gelingt Hoffnung angesichts vieler Krisen in der Welt? Von dieser Frage handelte der Vortrag von Dr. Volker Jung, Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau am vergangenen Wochenende in der Friedberger Stadtkirche.

Jung war der Einladung des Fördervereins und der Evangelischen Kirchengemeinde im Rahmen der Sommeruni gefolgt, die in Kooperation mit Kultur auf der Spur und dem Friedberger Geschichtsverein stattfindet und in diesem Jahr das Oberthema Hoffnung hat.

„Krieg in Israel, der Ukraine und in Gaza, der Klimawandel; die erhebliche Bedrohung der Demokratie; innerkirchliche Krisen wie Mitgliederrückgang und sexualisierte Gewalt. Aber auch persönliche Krisen, Krankheit und Verlusterfahrungen. Gibt es da überhaupt Grund, mit Hoffnung nach vorne zu schauen?“, begann der Kirchenpräsident seinen Vortrag, dem rund 70 Zuschauer*innen im Chorraum der Stadtkirche lauschten.

Allgemeinde Überlegungen zur Hoffnung

Hoffnung gehört zum Leben, so Jung. „Wer sich abends ins Bett legt, hofft auf einen neuen Tag. Wenn wir uns ein Ziel setzen, sei es noch so klein, hoffen wir, es erreichen zu können. Hoffnungen sind positive Erwartungen an die Zukunft. Hoffnung könne trösten und Kraft geben, wenn man sie nicht zu falschen Illusionen werden lässt, die in Enttäuschung enden.“ Dem gegenüber ständen Sorgen und Ängste, die zu Resignation und Verzweiflung führen können. Ein ewiges Spannungsverhältnis zwischen positiven und negativen Erwartungen.

Der Philosoph Friedrich Nietzsche beschreibt bezogen auf den Mythos um die Büchse der Pandora die Hoffnung als „das übelste aller Übel“. Eine sehr pessimistische Sicht auf die Hoffnung.

Die biblische Rede von Hoffnung

„Die biblische Rede ist da deutlich anders“, führt Jung aus. „Hoffnung hat ihren Ursprung oft in persönlichen Leidenserfahrungen, wie sie etwa in den Psalmen zu finden sind. Es wird erhofft, dass dem Leiden etwas entgegengesetzt wird - von Gott. Im Gebet ringen die Menschen um Hoffnung und bitten Gott um Kraft.“ Dabei seien sie getragen von der Erfahrung, in der Vergangenheit Gutes von Gott erfahren zu haben.

Spannend sei, dass man in den Evangelien das Wort Hoffnung nicht bis kaum finde. „Es ist Paulus, der die Hoffnung stark macht.“ Für Paulus sei dabei entscheidend, dass Gott Jesus Christus von den Toten erweckt hat, dass Gottes Macht stärker ist als der Tod. „Das was für die Zukunft erhofft wird, ist in Jesus Christus schon geschehen.“

Daraus schlussfolgert Jung: „Christliche Hoffnung folgt aus der Auseinandersetzung mit Leiden und sie führt zu Gottesgewissheit. Hoffnung ist nicht einfach ein Optimismus nach dem Motto ‚Es wird schon gut gehen‘. Hoffnung ist deshalb so stark, weil sie in den Bedrängnissen mit Gott verbindet. Hoffnung ist Gemeinschaft mit Gott. Als Christinnen und Christen würden wir sagen, Hoffnung braucht die Beziehung zu Gott.“ Dieses Hoffnungsverständnis gipfelt bei Luther in dem Gedanken: „Du kannst nicht tiefer fallen als in Gottes Hand“.

„Christliche Hoffnung stärkt zum Leben“, so Jung weiter. „Sie stärkt zu einer Aufarbeitung der Vergangenheit. Sie stärkt dazu, die Gegenwart anzunehmen und die Zukunft zu gestalten. Sie aktiviert Menschen, sich an den Bildern des Lebens zu orientieren.“

Dabei gelte es stets, einen Weg zwischen Verzweiflung und Überheblichkeit zu finden.

Hoffnung angesichts vieler Krisen

Bezogen auf den Klimawandel sei er persönlich getragen von dem Vertrauen auf Gott, und der Hoffnung, dass er diese Welt nicht fallen lasse. „Aus diesem Gedanken heraus entscheide ich, was ich persönlich tun kann.“

Gottes Verheißung für die Welt sei Frieden. „Diesen Frieden wird Gott schenken, den können wir nicht ‚machen‘. Und: Waffen werden keinen Frieden bringen, das ist eine Illusion. Um die Spirale der Gewalt zu durchbrechen braucht es Menschen, die nicht aufhören sich an Friedensbildern zu orientieren, denn Friedensbilder sind Hoffnungsbilder. Unsere Aufgabe als Christinnen und Christen ist es, diese immer wieder in Erinnerung zu rufen.“

Die Orientierung am Gott der Hoffnung sei keine Orientierung an Macht und Größe. Dies bezog er vor allem auf den Mitgliederschwund der Kirchen. „Als Christinnen und Christen gilt es Zeugnis zu geben von der Hoffnung, die in uns ist. Dies geschieht, wo wir miteinander darum ringen, wie wir füreinander und für andere da sein können und darum, wie es uns gelingt, sorgsam mit dieser Welt umzugehen, die Gott uns anvertraut hat. Wir geben Zeugnis von dieser Hoffnung, wenn wir uns selbst für Gottes Geistkraft öffnen und uns ihm anvertrauen und immer wieder neu darum bitten, dass wir einen guten Weg finden miteinander.“