Sonntagswort: Alter, weißer Mann mit Bart

veröffentlicht 14.09.2025, Evangelisches Dekanat Wetterau

Pfarrerin Nadia Burgdorf, Evangelische Gesamtkirchengemeinde Karben, schreibt in ihrem Impuls darüber, wie sich Kinder und Erwachsene Gott vorstellen.

Vor kurzem saß ich mit einer Frau zusammen, um mit ihr ein Gespräch zu führen. Unter anderem ging es darum, ob man heutzutage eigentlich noch an Gott glauben kann. Mitten im Gespräch sagte sie die Worte: „Wissen Sie, Frau Pfarrerin, der alte weiße Mann mit Bart im Himmel – die Vorstellung taugt vielleicht als Kind noch etwas. Aber jetzt kommt mir das doch überholt und unglaubwürdig vor.“

Ich konnte gar nicht anders, als ihr zu antworten: „Ja, das sehe ich genauso.“

Ein paar Tage zuvor hatte ich gerade die erste Religionsstunde mit meiner neuen Schulklasse erlebt. Und eins konnte ich schon ganz sicher feststellen: Keines der Kinder in dieser Klasse hat sich Gott als alten weißen Mann mit Bart vorgestellt. Ich habe gefragt!

Wir haben 90 Minuten lang darüber nachgedacht, wie man sich Gott eigentlich gut vorstellen kann. Die Antworten der Kinder waren sehr vielfältig: Auf der einen Seite muss Gott so mächtig und stark sein, dass er uns in der Hand halten und uns aus manchem Ärger herausboxen kann. Andererseits muss er auch so klein sein, dass er in unser Herz oder unser Ohr passt und uns liebe, tröstende und mutmachende Worte zuflüstern kann. Groß, stark, klein, sanft. „Sowas wie eine Supermaus?“, frage ich und finde mich selbst total witzig. Aber die Supermaus ist nicht das richtige Bild für die Kinder.

Ein Kind meldet sich zaghaft und sagt schließlich: „Gott ist nicht genau das eine oder das andere. Sondern er ist so, wie ich ihn gerade brauche.“

Was für weise Menschen Kinder sind! Sie können große theologische Gedanken so wunderbar auf den Punkt bringen. Unser Gott ist einer, der in Beziehung zu seinen Menschen lebt. Auf sie eingeht. Sie sieht, mit allem, was sie sind und brauchen.

„Was würden Sie für einen Gott brauchen, wenn der alte Mann mit dem Bart nicht mehr zum Glauben taugt?“, frage ich die Frau während unseres Gesprächs. Was sie geantwortet hat, verrate ich natürlich nicht. Viel lieber würde ich wissen, was Sie auf diese Frage antworten würden!