Sonntagswort: Friedenssonntag

veröffentlicht 15.11.2025, Evangelisches Dekanat Wetterau

Volkhard Guth, Pfarrer und Dekan des Evangelischen Dekanats Wetterau, schreibt einen Impuls zum Volkstrauertag.

Am Sonntag ist Volkstrauertag. Wir erinnern uns an die Toten der Kriege, an das Leid, das Gewalt und Hass über Menschen und Völker gebracht hat. 

Ich selbst gehöre einer Generation an, die Krieg und Zerstörung aus eigenem Erleben nicht kennt – Gott sei´s gedankt. 

Ich sehe die Bilder der Zerstörung in der Ukraine, Gaza und Syrien. Sie erschüttern mich und ich frage mich, wie Menschen in dieser Hölle überleben und ob sie dort jemals wieder leben können?! Wie ist Weiterleben möglich? 

Beim Ausräumen des Hauses meiner verstorbenen Schwiegereltern haben wir drei alte Bildstöcke gefunden. Sie standen jahrelang auf einem Friedhof in Niederbayern. Sie zeigen Fotos dreier junger Männer. Ihre Blicke zwischen stolz und ernst. Einer von ihnen war der Opa meiner Frau, die anderen seine Brüder. Deren Mutter hatte zwischen 1939 und `45 alle drei Söhne verloren – im Alter zwischen 18 und 30 Jahren. Eine Tragödie. 

Wir stehen seltsam berührt vor den Bildern und plötzlich kommen die Fragen von Weiterleben dicht an uns ran: Die Wirkung dieser Katastrophe reicht bis in unsere Generation hinein. Krieg reicht immer über Grenzen und Zeiten hinweg. Erinnerung ist nicht nur ein Rückblick in die Vergangenheit, sondern auch ein Auftrag an uns heute: Das Gedenken an die Gestorbenen mahnt uns, das Leben zu achten, Frieden zu suchen, wo Unfrieden wächst, und Versöhnung zu leben, wo Gräben entstehen. 

Jede und jeder von uns kann dazu beitragen, dass Verständnis, Mitgefühl und Gerechtigkeit stärker werden als Hass und Ausgrenzung. So kann aus dem Volkstrauertag für uns Heutige ein Friedenssonntag werden. Bitten wir an diesem Tag um Frieden – in unseren Herzen, in unseren Familien, in unserem Land und in der ganzen Welt. Möge Gott uns Mut schenken, dem Bösen mit Gutem zu begegnen und Hoffnung weiterzutragen, wo Schmerz und Trauer sind.