Sonntagswort: Früchte, die bleiben...

privat

Pfarrer Tobias Roßbach, Pfarrei Butzbach, Leitender Pfarrer des Pastoralraums Wetterau-Nord, teilt seine Gedanken zu Erntedank.

Zu meinem Elternhaus im Odenwald gehörte auch ein großer Gemüsegarten. Das waren rund 250 Quadratmeter fetter, dunkler Erde, auf der so ziemlich alles wuchs, was so einen Bauerngarten ausmacht. Zur Erntezeit wanderten die Früchte des Jahres dann auch in die nahegelegene Pfarrkirche: Kartoffeln, Kraut, Gelbe und Rote Rüben, Lauch und Sellerie und noch vieles mehr. Das ist jetzt viele Jahre her, der Garten hat längst einen anderen Besitzer. Damals, als ich noch den großen Garten hatte, war es einfach, einen Bezug zum Erntedankfest herzustellen. Einfach „Danke“ zu sagen für das, was im Zusammenwirken mit dem Segen Gottes und der eigenen Arbeit gewachsen war.

Doch nun, wo das Erntedankfest wieder bevorsteht, frage ich mich, ob dieses Fest nur noch eine nostalgische Tradition, eine Erinnerung an frühere Zeiten ist, in denen man notgedrungen auf die landwirtschaftlichen Ernteprodukte angewiesen war. Sie waren ja einfach überlebenswichtig, der Vorrat für schlechte Zeiten. Gerade hier beginne ich darüber nachzudenken, was denn die Früchte der vergangenen Monate sein könnten, für die ich in diesem Jahr Gott danken möchte. Worin bestehen meine Ernte und mein Vorrat, aus dem ich in dunklen und kargen Zeiten zehren kann?

Und da fallen sie mir dann ein: die vielen wunderbaren Momente, in denen ich die Liebe und die Zuwendung von anderen Menschen erfahren durfte. Daneben auch jene Augenblicke, in denen ich spüren durfte, dass mein Rat, mein Zuhören oder mein Trost für andere hilfreich war. Da war das Zusammensein mit alten Freunden, die ich lange nicht gesehen hatte. Das Lob für ein gelungenes Projekt oder einfach nur das Gefühl „Es ist gut, dass du da bist!“, das mir andere vermittelt haben.

Jesus gab seinen Jüngern das Wort mit auf den Weg „Ich habe euch dazu erwählt, dass ihr Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt!“ (Joh 15,16)

Es ist Gottes Auftrag an jeden von uns, als Teil der Schöpfung an seiner Schöpfung mitzuwirken. Manchmal muss man vielleicht im Acker seines Lebens etwas länger graben und nach den Früchten suchen. Aber sie sind da, sie sind der Vorrat, von dem wir leben. Sie sind die Ernte, die wir im Gottesdienst zusammen mit den Erntegaben vor den Altar legen dürfen, um „Danke“ zu sagen.