Sonntagswort: Gewinnen für mehr Teilhabe

Anette Bill, Pfarrerin in der Klinikseelsorge, Hochwaldkrankenhaus Bad Nauheim, schreibt einen Impuls zu den Special Olympic World Games.

„Ich will gewinnen! Doch wenn ich nicht gewinnen kann, so will ich mutig mein Bestes geben!“ Das ist der Eid der Athleten der Special Olympic World Games, die am Wochenende in Berlin beginnen. 7000 Athleten mit geistiger Behinderung aus 190 Nationen nehmen an den Wettkämpfen in 24 Disziplinen teil. Seit 1968 werden Special Olympics auf nationaler und internationaler Ebene ausgetragen. Die Sportwettkämpfe bieten Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung die Chance zu mehr Selbstbewusstsein, Anerkennung und gesellschaftlicher Teilhabe. Viele Athlet*innen entwickeln durch die Erfolge im Sport auch in anderen Bereichen ihres Lebens Selbstvertrauen, ihre persönlichen Ziele zu erreichen. TV und Medien werden uns allen Teilhabe ermöglichen an diesem fröhlichen internationalen Fest des Sports. Hier geht es noch im guten Sinne um persönliche Bestleistungen, über die sich die Athlet*innen freuen. Doch auch die Freude über die Erfolge der anderen ist groß. Da kann es auch schon mal vorkommen, dass ein Läufer in der Zielgeraden anhält und wartet, bis er mit dem 2. Läufer gemeinsam ins Ziel einlaufen kann, wie es bei den nationalen Special Olympics im letzten Jahr in Berlin zu sehen war. Gemeinsam gewinnen ist doch viel schöner! Übertriebener Konkurrenzkampf oder gar Doping haben keinen Platz bei diesen Spielen. Athlet*innen und deren Coaches und Familien unterstützen sich gegenseitig. Sie alle wissen, dass das Leben ohne gegenseitige Hilfe nicht funktioniert. Was sich die Sportlerinnen mit Behinderung wünschen, sind mehr Möglichkeiten zu gemeinsamem Training in Sportvereinen. Nur 2 % aller Sportvereine sind barrierefrei für Menschen mit Behinderung. Selbstverständlich wollen die Spiele auch Aufmerksamkeit erzielen und für mehr Teilhabe von Menschen mit Behinderung in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens werben - im Sport, in der Kultur, der Bildung und im Berufsleben. Insofern sind die Special Olympic World Games auch eine Frage an uns alle: Wie können wir alle unsere inneren und äußeren Beschränkungen abbauen und Menschen mit Behinderung die volle Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen? Wo die Barrieren fallen, gewinnen alle, jeder einzelne Mensch und die gesamte Gesellschaft. Wo das gelingt, können wir die Menschlichkeit feiern, weil die Gottesebenbildlichkeit aller Menschen Wirklichkeit wird.