Liebe Schwestern und Brüder –
oder fühlen Sie sich mit „Liebe Lesende“ mehr angesprochen? Wie Sie mögen!
Es ist Herbst. Die Tage werden kürzer, das Laub fällt, es wird kälter, der Winter naht. Sehr passend, dass besonders im November auch das menschliche Sterben mehr in das Bewusstsein gerückt wird – auf jeden Fall wird es damit versucht: Allerheiligen, Allerseelen mit Gräbersegnung, Totensonntag, und am 16. November ist „Volkstrauertag“. Haben Sie zu dem (noch) eine Verbindung? Wenn wir uns die Anzahl der Personen anschauen, die an diesem Tag an Gedenkveranstaltungen teilnehmen, scheint das immer mehr abzunehmen.
Den Volkstrauertag gibt es in der Bundesrepublik seit 1952, er erinnert an die Opfer von Krieg und Gewalt aller Nationen. Meiner Meinung nach hat die Politik versäumt, ihn stärker als „Tag des Friedens“ zu begehen. Wie auch immer, ich finde ihn sehr wichtig. Er ist eine alljährliche Chance, die Folgen von Machtmissbrauch, Lüge und Abwertung, Egoismus und Größenwahn, der Unzählige zum Opfer fielen und fallen, mit der Prävention von Krieg und Gewalt zusammenzubringen: Auf was müssen wir konkret in unserer Gesellschaft und persönlich achten, damit alles, was uns zwischenmenschlich trennt, (wirklich) kleiner, und was uns verbindet, (wirklich) größer wird? Der Volkstrauertag kann dabei in besonderer Weise helfen, und zwar durch den Blick zurück (Opferzahlen, Zeitzeugen, geschichtliche Hintergründe und Analysen verdeutlichen, was wie, warum und wodurch klein angefangen hat und dann so katastrophale Folgen hatte), und durch den Blick auf das Heute: Jeden Tag sehen und hören wir von aktuellen Kriegen und unermesslichem Leid. Aber Krieg beginnt immer im Kleinen, es ist die Herabsetzung des anderen, es sind einfache Antworten auf komplexe Fragen, Ignoranz, Feindbilder, Egoismus und die Entgötterung der Schöpfung. – Ich wünsche uns, dass wir die „Sterbe-Dimension“ des Novembers nutzen, um auf das Leben zu schauen: Wie kann ich in meinem Alltag zum „Frieden“ beitragen? Was macht mich wirklich glücklich?