Sonntagswort: Im Sturm

Claudia Ginkel, Pfarrerin im Nachbarschaftsraum Friedberg, schreibt einen Impuls über ein stürmisches Erlebnis beim Segeln.

In diesem Sommer war ich das erste Mal segeln. Auf einer Hanse 345 im ionischen Meer in Griechenland. Zwei Wochen lang. Zu viert waren wir und meine Freundin Elke die Skipperin. An vielen Tagen herrschte Flaute. Am letzten Tag allerdings kam ein so starker Wind auf, das mir Hören und Sehen verging. Nachdem wir gegen Mittag den Kanal von Lefkas passiert hatten, fuhren wir ins offene Meer hinaus und hatten auf einmal mit über 5 Meter hohen Wellen zu kämpfen. Das Boot wurde so hin- und hergerissen, dass ich jeden Moment dachte: das war’s! Die drei Boote, die nach uns den Kanal durchquert hatten, sah ich schon gar nicht mehr. Sie schienen schon von den Wellen verschluckt zu sein. Ich klammerte mich verkrampft am Haltering fest, begann zu zittern, übergab mich mehrmals und hielt den Kopf gesenkt, um der Wellengewalt nicht mehr ins Auge blicken zu müssen. Als ich eine Woche später von diesem Erlebnis erzählte, fragte mich unsere Küsterin: Und: haben Sie Jesus gerufen, so wie die Jünger damals, als sie in den Sturm gerieten und er ihn zum Schweigen brachte? Nein, gestand ich, aber in gewisser Weise habe ich seine helfende Hand erfahren so ähnlich wie in der Geschichte, in der Jesus den im See Genezareth zu versinken drohenden Petrus wieder ins Boot zog. Von dem plötzlichen hohen Wellengang überrascht waren wir nämlich alle ohne Rettungswesten und Sicherheitsgurte. Während die anderen diese reaktionsschnell überzogen und sich sicherten, war ich in Panik erstarrt und dazu nicht mehr in der Lage. Elke erkannte das und übergab Mitsegler Dietmar das Steuer. In einer waghalsigen Aktion suchte sie in dem von den Wellen hin und her gepeitschten Boot meine Weste unten in der Kajüte, streifte sie mir schließlich über und gurtete mich an. Jetzt konnte ich nicht mehr über Bord gehen. Gott sei Dank!