Sonntagswort: Sprechen Sie mit Ihrer Seele?

Hortien

Pfarrer Julian Lezuo, Evangelische Kirchengemeinde Dortelweil, schreibt einen Impuls über die eigene Seele.

Hand aufs Herz: Was haben Sie beim Lesen des Titels gedacht? Ich bin mir relativ sicher, dass Sie irritiert waren. Vielleicht weil Sie beim Begriff „Seele“ an Esoterik denken. Oder aber an philosophische oder psychologische Vorstellungen der „Seele“. Und mit diesem geistigen etwas soll man sprechen können? Wahrscheinlich eine alles andere als einleuchtende Idee. Mit einem Blick in die Bibel ist das Sprechen mit der eigenen Seele jedoch alles andere als abwegig. „Was bist du so bedrückt, meine Seele? Warum bist du so aufgewühlt?“ (Ps 42, 6) An anderer Stelle ist die Seele sogar Ort der Erkenntnis: „Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.“ (Ps 139, 14) Und Ihnen sicher bekannt ist der Ausspruch „Lobe den Herrn, meine Seele!“ (Ps 103, 1)

Vielleicht gab es Tage in der Vergangenheit, an denen Sie ein gutes Bauchgefühl hatten. Oder Tage, an denen sich bemerkbar machte, dass Sie mit dem falschen Fuß aufgestanden sind. Immer wieder wabern in unserem Inneren Stimmungen, die wir manchmal schwerlich einordnen können. Man kann es den biblischen Autor*innen gleichtun und in ein Zwiegespräch mit der inneren Wetterlage treten. Oder man belässt es dabei dieses „Etwas“ in seinem Inneren zumindest als eine greifbare Größe, als ein Gegenüber zu sehen. Ich denke, oft fokussieren wir uns im Alltag auf unseren Verstand, weil wir Dinge ordnen und Probleme lösen wollen. Dabei kann es passieren, dass so manches aus unserem Blickfeld gerät. Wir schieben die Mappe mit den Unterlagen für die zu planende OP ganz unten in den Aktenstapel, weil wir eigentlich Angst davor haben. Oder wir löschen die E-Mail mit der Stellenanzeige, die uns ein Freund weitergeleitet hat. „Das wird ja eh nichts!“ Manchmal lohnt es sich eben doch der Seele Fragen zu stellen wie „Wovor hast du Angst?“ oder „Wonach sehnst du dich?“. Ganz unabhängig davon, ob wir diese Antworten dann hören wollen oder nicht. Zumindest trägt es dazu bei uns als der Mensch zu begreifen, als der wir von Gott geschaffen wurden: Mit Leib und Seele, mit Herz und Verstand.