Geschäftigkeit und Hast in diesen Adventstagen lassen uns schnell vergessen, dass die Tage vor Weihnachten ursprünglich eine Fastenzeit waren. Eine Zeit der Vorbereitung, der Einkehr, der Stille – der Wüste.
Ich denke daran, wie ich mit einer Studiengruppe zwölf Tage in der Wüste Sinai unterwegs war. Weite, trockene Regionen, oft steinige oder sandige Steppen. Reduziert auf ihre nackte geologische Beschaffenheit, wirken die Wüste in jeder Hinsicht lebensfeindlich und unwirtlich. Dort ist mir meine Bedürftigkeit als Mensch, meine elementare Angewiesenheit deutlich geworden wie nie zuvor. Ich konnte verstehen, warum – durch die Geschichte der Spiritualität hindurch – gerade die Wüste ein Ort der Gottesbegegnung ist. Denn hier bin ich wie die Landschaft auf mich selbst zurückgeworfen, begegne ich in besonderer Weise mir selbst. Wer in die innere Wüste geht, der empfängt eine Bereitschaft, sich den eigenen Untiefen auszusetzen, den eigenen Abgründen und den tiefen Verunsicherungen. Das ist nicht leicht, aber es tut der Seele wohl.
Neben selbstgebackenen Plätzchen, Weihnachtsmarkt, Kerzen und Weihnachtsvorbereitungen sendet die Adventszeit auch die Einladung zu einer persönlichen Wüstenzeit. Im Advent soll es um das Allerschwierigste und zugleich Allerwichtigste in unserem Leben gehen: Nicht vor sich selbst zu fliehen in Aktivität und Zerstreuung, sondern die eigene innere Leere und Einöde aushalten zu lernen, in dem festen Vertrauen auf Gott. Denn mein ganzes Leben, meine Beziehungen, in denen ich stehe, meine Arbeit, der ich nachgehe, die Dinge, für die ich mich einsetze, mein Denken und meine Gefühle – mein ganzes Leben wartet darauf, sich auf den Besuch Gottes vorzubereiten. Wie Johannes der Täufer in der Wüste die Menschen aufruft: „Macht den Weg bereit für den Herrn, ebnet ihm die Straße.“ (Lukas 3, 4–6) Denn weder Täler des Kummers noch Berge der Überheblichkeit stehen dem Kommen Gottes entgegen.
Wer sich so mit allen Licht- und Schattenseiten angenommen hat, wird zu einem Menschen, der andere annimmt, tröstet, ermutigt, aufrichtet – nicht, weil sie etwas geleistet oder es verdient hätten, sondern um ihrer selbst willen. Die Liebe, die Mensch wird, hat ihren Grund in sich selbst, kommt aus Gott heute zu uns.
Eine gesegnete und von Menschlichkeit geprägt Advents- und Weihnachtszeit.