Umgang mit Demenz in Kirche und Kommune: Fachtag im Dekanat Wetterau

veröffentlicht 08.10.2025 von Silvia Elm-Gelsebach, Evangelisches Dekanat Wetterau

Wie gehen Kirche und Gemeinden mit dem Thema Demenz um, angesichts der fast 2 Millionen Betroffenen in Deutschland? Wie finden Betroffene und ihre Angehörigen einen Platz in der Gesellschaft? Was können Ehrenamtliche und Kommunen dazu beitragen? Einige Antworten auf diese Fragen bekamen die Teilnehmenden eines „Fachtags Demenz“, zu dem die Altenseelsorge des Evangelischen Dekanats Wetterau kürzlich nach Florstadt eingeladen hatte.

Gefördert wurde dieser Tag mit Mitteln der Stiftung „DiaDem – Würde bewahren trotz Demenz“ der Diakonie Hessen, die  sich für mehr Lebensqualität für von Demenz betroffene Menschen einsetzt (was auch die An- und Zugehörigen betrifft). 
 
Im Zentrum der Fortbildung standen drei erfolgreiche Initiativen aus Friedberg und Gießen sowie vom Landessportbund Hessen, die beispielhaft für gute Ideen zum Umgang mit Demenz in Kirche und Gesellschaft vorgestellt wurden. Auch der Erfahrungsaustausch von Ehrenamtlichen aus verschiedenen Kommunen des Dekanats kam an diesem Tag nicht zu kurz.
 
Pfarrerin Birgit Müller, Beauftragte für vernetzende Altenseelsorge im Evangelischen Dekanat Wetterau und Christian Wiener, Pfarrer für Altenseelsorge der Evangelischen Kirche in Hessen Nassau (EKHN) hatten gemeinsam den Fachtag vorbereitet. Sie freuten sich, zahlreiche Ehrenamtliche aus verschiedenen Kirchengemeinden und Institutionen sowie auch einige Angehörige mit betroffenen Familienmitgliedern im Gemeindehaus der Evangelischen Kirche Florstadt begrüßen zu können. 
 
Ein besonderes Kulturprogramm für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen hat die „Initiative Demenzfreundliche Kommune Stadt und Landkreis Gießen e.V.“ (IDfK) entwickelt, die bereits 2009 gegründet wurde. Die jahrelangen Erfahrungen in Gießen zeigen: Eine demenzfreundliche Kommune fördert das Verständnis für Menschen mit Demenz sowie ihre Angehörigen, holt sie mit ihren Angeboten aus der häuslichen Isolation heraus und lässt sie teilhaben am gesellschaftlichen Leben. Elisabeth Bender und Anette Heep stellten die vielfältigen Projekte von IDfK anhand von Bildtafeln vor. Die Angebote reichen von gemeinsam Tanzen, Singen im Chor, Wandern, Besuche von Museen, Theaterproben und Ausstellungen bis zu Malen und kreativem Gestalten. Kooperationspartner sind u.a. örtliche Theater, Museen, eine Tanzschulen sowie eine Klinik.
 
Zuhause im Alter beweglich bleiben ist das Ziel von „AGIL“, einem Projekt der Bildungsakademie des Landessportbundes Hessen, das in Kooperation mit der Diakonie Hessen nach finnischem Vorbild entwickelt wurde. Karen Zacharides vom Landessportbund stellte das Projekt vor: Es besteht aus einem 52-seitigen Kartenset, auf dem jeweils eine Alltagssituation als Übung für ein Bewegungsangebot im Stehen oder Sitzen dargestellt ist. Ehrenamtliche im Besuchsdienst können mit Hilfe von AGIL Menschen mit und ohne Demenz im häuslichen Umfeld anregen, sich mehr und mit Freude zu bewegen. Als praktisches Beispiel aus dem Kartenset machte Zacharides zusammen mit den Anwesenden einen fiktiven „Herbstspaziergang“, erzählte dabei eine anregende Geschichte und forderte zu verschiedenen Bewegungen auf, was allen Teilnehmenden sichtlich Spaß bereitete und den Puls in die Höhe trieb. Für den Einsatz von AGIL bietet der Landessportbund Ehrenamtlichen entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen an. Auch Online-Kurse sind möglich. 
 
Als drittes Projekt präsentierten Friederun Hollender und Doris Grünbein das ehrenamtlich geführte „Café Care“ in Friedberg, das 2017 gegründet wurde. Zielgruppe sind Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen, die sich vierzehntätig zum Kaffeetrinken im Seniorenbegegnungszentrum treffen. Danach gibt es für die Gäste mit einer Demenzerkrankung verschiedene Beschäftigungs- und Bewegungsangebote, während sich die Angehörigen zu Gesprächen zurückziehen können, um sich so eine Auszeit vom Pflegealltag zu gönnen. 
 
Begleitend zu den Vorträgen im Gemeindehaus waren in der Kirche verschiedene Infostände und Stationen eines „Demenzsimulators“ aufgebaut, der praxisnahe Einblicke in die vorgestellten Projekte bot. Ein umfangreicher Büchertisch mit Ratgebern, Erfahrungsberichten und Geschichten rund um das Thema Demenz ergänzte das Angebot. Die Literaturübersicht wird für Interessierte demnächst auf der Homepage des Evangelischen Dekanats Wetterau unter der Rubrik Altenseelsorge eingestellt werden.
 
Nach den Vorträgen vertieften die Teilnehmenden in Arbeitsgruppen ihr Wissen über die vorgestellten Projekte, tauschten Erfahrungen aus und entwickelten dabei Ideen, wie vor Ort neue Angebote für Menschen mit Demenz geschaffen werden können.
 
Am Ende des Fachtags wies Christian Wiener noch einmal auf die von ihm mitentwickelte „Toolbox Demenz“ der EKHN hin, eine Kartensammlung mit prakt'ischen Anregungen für Kirchengemeinden, die sich auf den Weg zur demenzsensiblen Gemeinde machen wollen. Die Toolbox wurde vor einiger Zeit an alle evangelischen Kirchengemeinden im Dekanat versendet.