Dekanat Wetterau

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          Jüdisches Leben in Deutschland heute

          Podiumsdiskussion gibt Einblicke in jüdischen Alltag

          HortienAuf dem Podium stellen sich Sarah (r.) und Daniel (M.) den Fragen der Moderatorin Claudia Taphorn und des Publikums.

          Jüdisches Leben in Deutschland ist ist wenig sichtbar. Bei einem Gesprächsabend im Kultur- und Sportforum Dortelweil in der vergangenen Woche standen Musik und Menschen jüdischer Herkunft im Mittelpunkt.

          HortienSibylle Wolf (l.) und Tereza Bodnárová begeistern als Duo am Klavier.

          Begegnungen mit Menschen jüdischer Herkunft sind nicht alltäglich, obwohl wir in Deutschland in einer bunten und diversen Gesellschaft leben. Jüdisches Leben ist wenig sichtbar. Deshalb haben der Förderkreis Musik der Evangelischen Kirchengemeinde Dortelweil und der Fachdienst Frauen und Chancengleichheit des Wetteraukreises vergangene Woche zu einem Gesprächsabend ins Kultur- und Sportforum Dortelweil eingeladen, bei dem Musik und Menschen jüdischer Herkunft im Mittelpunkt standen.

          Auf dem Podium stellten sich Sarah und Daniel den Fragen der Moderatorin Claudia Taphorn und des Publikums. Sie erzählten aus ihrem Alltag, gaben Einblicke in jüdische Traditionen und ihre eigene Biografie. Die beiden kennen sich von anderen Veranstaltungen. Oft sprechen sie mit Schulklassen und Jugendlichen. „Wir wollen Berührungsängste abbauen“, sagt Daniel.

          Jüdisches Leben in Deutschland: "Wenn wir in die Synagoge gehen, steht ein Polizeiauto davor“

          Wie leben jüdische Menschen in Deutschland heute? Sarah ist Vorsitzende einer jüdischen Gemeinde in Nordhessen. Sie sagt: „Unser Alltag ist normal, er unterscheidet sich in vielen Dingen nicht von dem, anderer Menschen. Aber wenn wir in die Synagoge gehen, steht ein Polizeiauto davor.“ Antisemitismus erleben schon die Kleinsten in der Schule. Und er ist, nicht erst durch den Nah-Ost-Konflikt, in den letzten Jahren wieder sichtbarer geworden. „Natürlich versucht man, das so lange wie möglich von den Kindern fernzuhalten“ erzählt Sarah. „Ich will sie schützen. Aber spätestens dann, wenn ich ihnen nicht erlaube, in der Öffentlichkeit eine Kippa zu tragen, merken sie, dass etwas nicht stimmt.“ Wichtig ist Sarah zu betonen: „Wir sind keine Opfer.“ Sie möchte die jüdischen Kämpferinnen und Kämpfer viel mehr in den Fokus rücken.

          Jüdisches Leben in Deutschland: Nationalität, kulturelle Prägungen und Traditionen

          Dekan Volkhard Guth betonte in seinem Grußwort: „Es darf uns nicht gleichgültig sein, wenn jüdisches Leben in Deutschland und in der Welt in Frage gestellt wird.“ Erste Kreisbeigeordnete Stephanie Becker-Bösch rief dazu auf, einander anzunehmen und in guter Gemeinschaft zusammenzuleben.

          Schnell wird klar: „Jüdisch sein“ definiert sich ganz unterschiedliche: Es bedeutet nicht nur eine religiöse, sondern auch eine ethnische Zugehörigkeit. Es geht um Nationalität, kulturelle Prägungen und Traditionen. „Man ist Jude, auch wenn man nicht glaubt“, drückt es Daniel vereinfacht aus. Für beide Podiumsgäste ist es wichtig, ihre jüdische Identität zu bewahren und weiterzugeben. Allerdings sieht das jüdische Glaubensverständnis keine Mission vor. Die jüdische Herkunft wird über die Mutter an das Kind weitergegeben. „Unser Volk gibt es seit über 3000 Jahren“, erklärt Daniel. „Viele andere sind verschwunden, aber wir sind heute immer noch da. Und deshalb wird es auch immer weitergehen.“

          Jüdisches Leben in Deutschland:Klavierduo begeistert mit Musik jüdischer Komponisten

          Zwischen den Gesprächen lauschten die rund 100 Gäste mitreißender Klaviermusik. Tereza Bodnárová und Sibylle Wolf, die auch Vorsitzende des Förderkreises ist, bildeten den zweiten Bestandteil des Abends. Das Klavierduo begeisterte mit unterschiedlichsten Werken jüdischer Komponisten. Die Auswahl spiegelte ein breites Spektrum jüdischen Lebens wider. Die Biografien waren durchweg geprägt von Erfahrungen mit Antisemitismus, Flucht und Vertreibung, von verwehrten Chancen aufgrund der eigenen Herkunft.

          Eindrucksvoll ließ das Duo, meist vierhändig, ruhige leichte, wie kräftige und dunkle Töne erklingen. Mal romantisch, mal spielerisch, mal ganz getragen zeigten sie ein perfektes Zusammenspiel. Das Repertoire reichte von den Geschwistern Felix und Fanny Mendelssohn (später Hensel) über Friedrich Gernsheim, Arnold Schönberg und Erwin Schulhoff bis zu György Ligeti und Ruth Schontal.

          Jüdisches Leben in Deutschland: Aha-Erlebnisse im Publikum

          Auf dem Podium und auch danach beantworten Sarah und Daniel offen und ehrlich alle Fragen aus dem Publikum: Was sind die wesentlichen Unterschiede zwischen christlichem und jüdischem Glauben? Was machen Juden am Schabbat? Wie fühlt es sich an, in Deutschland zu leben und wann spricht man mit Kindern über die Schoah? Sie erzählen von den Unterschieden zwischen den reformierten, liberalen und orthodoxen Gemeinden, von der Rolle der Frau und der Bedeutung der Tora und sorgten damit für das eine oder andere Aha-Erlebnis im Publikum. Beide betonten, dass Deutschland ihre Heimat ist und sie sich als Deutsche fühlen.

          Der Abend endet mit einem gemeinsamen Friedensgebet der beiden Podiumsgäste und des Dortelweiler Pfarrers Johannes Misterek und dem Fazit: Es gibt ein lebendiges jüdisches Leben in Deutschland - auch oder gerade heute!

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